Cybersicherheit in der Medizin: Fraunhofer IGD forscht an sicherer Datennutzung
Die fortschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet großes Potenzial für eine bessere Patientenversorgung, aber auch Herausforderungen im Bereich der Datensicherheit. Insbesondere die geplante Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) ab Ende 2024 macht das Thema Datensicherheit zu einem dringenden Anliegen. Viele Patienten befürchten, dass ihre sensiblen Gesundheitsdaten in falsche Hände geraten könnten.
In der aktuellen Situation sind die medizinischen Daten von Patienten, wie MRT-Aufnahmen, Laborergebnisse und Therapieverläufe, bei verschiedenen Ärzten und Kliniken verstreut. Doch in den kommenden Jahren steht eine grundlegende Veränderung bevor. Laut Prof. Jörn Kohlhammer, einem ATHENE-Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD, birgt die zunehmende Vernetzung von Datenquellen ein enormes Potenzial zur Verbesserung der Patientenversorgung und Vermeidung unnötiger Doppeluntersuchungen. Gleichzeitig rückt jedoch auch die Absicherung und der Datenschutz dieser Daten verstärkt in den Fokus.
Um die Digitalisierung im Gesundheitswesen durch eine bessere Absicherung bei der Datennutzung voranzutreiben, arbeitet das Fraunhofer IGD als Mitwirkender im Nationalen Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit ATHENE an neuen Lösungen. Gemeinsam mit dem Fraunhofer SIT beschäftigen sich die Wissenschaftler von Fraunhofer IGD mit den Herausforderungen bei der sicheren Übertragung, Speicherung und langfristigen Nutzung von Patientendaten.
Mit Visualisierung gegen Komplexität
Um die Komplexität der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu reduzieren, schlägt das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD eine gezielte Visualisierung von Datenschutzinformationen, Einverständniserklärungen und Auskünften vor. Laut Prof. Kohlhammer haben Patienten das Gefühl, die Kontrolle über ihre Daten zu verlieren, wodurch aktuell weniger als ein Prozent der gesetzlich Versicherten die Möglichkeiten der elektronischen Patientenakte nutzen. Ärzte wiederum sorgen sich um die Einhaltung ihrer komplexen Datenschutz-Pflichten. Doch je verständlicher und einfacher diese Informationen aufbereitet sind, desto höher wird die Akzeptanz der Digitalisierung im Gesundheitswesen insgesamt sein. Die elektronische Patientenakte sei dabei lediglich der erste Schritt hin zu einer individuellen Medizin, die durch Künstliche Intelligenz das Gesundheitswesen nachhaltig verändern könnte.
Digitaler Zwilling soll helfen
Ein aktuelles Projekt des Fraunhofer-Instituts im Gesundheitswesen ist der MeDiTwin, ein digitaler Zwilling, der alle Gesundheitsinformationen einer Patientin oder eines Patienten miteinander verbindet. Der Abgleich von Parametern aus Populationsstudien und spezifischen Krankheitsbildern ermöglicht ein ganzheitliches, digitales Patientenmodell, das dem medizinischen Fachpersonal alle wichtigen Daten auf einen Blick verfügbar macht und eine umfangreiche, datengestützte Entscheidungshilfe bietet. „Die strenge Beachtung von Sicherheitsaspekten ist bei Projekten wie MeDiTwin unabdingbar“, betont Prof. Kohlhammer. ATHENE setze sich im Bereich der Gesundheitsdaten dafür ein, den Schutz der Daten beim Austausch zwischen Institutionen zu gewährleisten. Dies sei auch wichtig bei allen Überlegungen zum weiteren Aufbau von Dateninfrastrukturen.
ATHENE, das Nationale Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit, ist das größte Forschungszentrum für Cybersicherheit und Privatsphärenschutz in Europa. In Zusammenarbeit mit den Darmstädter Fraunhofer-Instituten SIT und IGD, der TU Darmstadt, der Goethe-Universität Frankfurt am Main und der Hochschule Darmstadt widmet sich ATHENE dem Thema „Cybersicherheit für die digitale Transformation im Gesundheitswesen“. Die Abteilung Informationsvisualisierung und Visual Analytics des Fraunhofer IGD präsentiert dieses Thema am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand in Halle 2.2, Stand D107 auf der Messe DMEA.