Etwa 3.000 Aufzüge aufgrund schwerwiegender Mängel außer Betrieb
Laut dem aktuellen Anlagensicherheitsreport sind nur etwa die Hälfte der Personen- und Lastenaufzüge ohne Mängel. Neue Vorschriften verlangen von Betreibern, die Cybersicherheit der Anlagen zu gewährleisten. Es wird ein bundesweites Anlagenkataster für Aufzüge gefordert.

Die Nutzung von Aufzügen führt immer wieder zu schweren Unfällen mit Verletzten oder sogar Todesopfern. Aus diesem Grund müssen die technische Sicherheit der Anlagen einmal jährlich von unabhängigen Prüforganisationen überprüft werden. Bei den im Jahr 2022 überprüften rund 657.000 Aufzugsanlagen in Deutschland wurden bei 11,8 Prozent „erhebliche Mängel“ festgestellt. Betreiber haben eine vorgegebene Frist, um erhebliche Mängel zu beheben. Etwa 4.700 Aufzüge wurden von Sachverständigen aufgrund „gefährlicher Mängel“ beanstandet (0,7 Prozent). Davon mussten rund 3.000 Aufzüge außer Betrieb genommen werden, da die Reparatur nicht umgehend erfolgen konnte. Weitere 39,4 Prozent der überprüften Aufzüge wiesen „geringfügige Mängel“ auf und nur 48,1 Prozent waren „mängelfrei“. Dies ergab der aktuelle „Anlagensicherheitsreport“, der die Ergebnisse der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen aller von den zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) in Deutschland durchgeführten Überprüfungen enthält. „Bei jedem zweiten Aufzug werden teilweise schwerwiegende Mängel festgestellt, die zu einer Gefahr für die Nutzer werden können“, sagte Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands, bei der Vorstellung des Anlagensicherheitsreports 2023. Typische Mängel sind fehlerhafte Aufzugssteuerungen, defekte Türverriegelungen, abgenutzte Tragseile oder ausgefallene Notrufsysteme. „Die Betreiber müssen regelmäßige Wartungsarbeiten an den Anlagen durchführen und Prüftermine gewissenhaft einhalten“, betonte Bühler. Die Kombination aus technischer Wartung und unabhängigen Prüfungen gewährleistet ein hohes Sicherheitsniveau.
Angesichts der zunehmenden Vernetzung der Anlagen im Internet der Dinge (IoT) wird die digitale Sicherheit von Aufzügen zu einem kritischen Faktor. Dies spiegelt sich nun auch in den Vorschriften wider. Seit Anfang des Jahres sind Aufzugsbetreiber verpflichtet, technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz vor Cyberangriffen zu implementieren und in einer Risikobewertung zu dokumentieren, so Bühler. „Die Prüfungen in diesem Bereich werden die Sachverständigen schrittweise erweitern.“ Darüber hinaus wird die Cybersicherheit durch die bereits verabschiedete Maschinenverordnung und den Cyber Resilience Act fest im EU-Produktsicherheitsrecht verankert. „Es wird jedoch noch einige Jahre dauern, bis diese Vorgaben ihre volle Wirkung entfalten können“, erklärte Bühler. „Daher bleibt es weiterhin in der Verantwortung der Hersteller und Betreiber, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.“
Ein jüngster tödlicher Unfall mit einem Paternosteraufzug in Berlin hat erneut gezeigt, dass es immer wieder zu schweren Zwischenfällen mit Aufzügen kommt. Diese offenen „Personenumlaufaufzüge“ gelten als besonders gefährlich und dürfen in Deutschland seit 1974 nicht mehr in Betrieb genommen werden. Derzeit gibt es noch etwa 250 Paternosteraufzüge in Deutschland. Bei der Untersuchung des Vorfalls in Berlin wird auch geprüft, ob der Aufzug in den letzten Jahren überhaupt von unabhängigen Stellen auf Sicherheit geprüft wurde. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland rund 100.000 nicht geprüfte Aufzüge, basierend auf dem Vergleich der vermuteten Gesamtzahl und den jährlichen Prüfungen. „Ein Verstoß gegen die Prüfpflichten ist kein Kavaliersdelikt und gefährdet die Sicherheit der Aufzugsnutzer“, warnte Bühler. „Im Laufe der Zeit steigt das Risiko von Fehlfunktionen und Defekten, trotz robuster Technik.“ Ein bundesweites Anlagenkataster soll Abhilfe schaffen, in das alle Aufzüge eingetragen werden müssen. Derzeit wird eine entsprechende Verordnung auf der Grundlage des seit 2021 geltenden „Gesetzes über überwachungsbedürftige Anlagen“ (ÜAnlG) erarbeitet. Bühler begrüßte die zügige Umsetzung der Vorschriften durch Bund und Länder im Sinne der Sicherheit.
Darüber hinaus ist aus Sicht des TÜV-Verbands eine flächendeckende Erfassung von Unfällen mit Aufzügen sinnvoll. Laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gab es im Jahr 2021 insgesamt 744 Unfälle (2020: 645) mit Personen- und Lastenaufzügen. Dabei kamen zwei Personen ums Leben. Die Zahlen der DGUV erfassen jedoch nur Arbeitsunfälle. Daher wird davon ausgegangen, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt, da viele Aufzugsbetreiber Unfälle mit Personenschaden nicht den Behörden melden. Bühler betonte: „Die Analyse von Unfällen liefert wichtige Erkenntnisse zur Verbesserung der Sicherheit von Aufzugsanlagen.“
Der Anlagensicherheitsreport wird in der Zeitschrift „Technische Überwachung“ des TÜV-Verbands veröffentlicht. Bei der Erstellung waren die zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) DEKRA Automobil GmbH, DEKRA Testing and Certification GmbH, GTÜ Anlagensicherheit GmbH, LRQA Deutschland GmbH, SGS-TÜV Saar GmbH, TÜV Austria Services GmbH, TÜV NORD Systems GmbH & Co. KG, TÜV Rheinland Industrie Service GmbH, TÜV SÜD Chemie Service GmbH, TÜV SÜD Industrie Service GmbH, TÜV Technische Überwachung Hessen GmbH und TÜV Thüringen e. V. beteiligt.
Die vollständige Mängelstatistik ist kostenlos unter www.technische-ueberwachung.de verfügbar.