Organisierte Kriminalität: Bedrohungslage nach wie vor hoch, Gewaltbereitschaft nimmt zu
Bundesinnenministerin Nancy Faeser und BKA-Präsident Holger Münch haben im Oktober das Bundeslagebild Organisierte Kriminalität 2022 vorgestellt. Im Jahr 2022 wurden in Bund und Ländern 46 Verfahren erfasst, die der Clankriminalität zugeordnet werden konnten (2021: 47). Die Ausprägungen der Clankriminalität umfassen neben dem Bereich der organisierten Kriminalität allerdings auch ein Vielfaches an Straftaten aus dem Bereich der Allgemeinkriminalität.
Die Polizei in Deutschland hat im vergangenen Jahr insgesamt 639 Ermittlungsverfahren gegen Gruppierungen der organisierten Kriminalität (OK) geführt, so das Bundesinnenministerium. Die Anzahl der OK-Ermittlungsverfahren sei damit gegenüber 696 Ermittlungsverfahren im Jahr 2021 zurückgegangen, liege aber weiterhin über dem Niveau der Vorjahre (2019: 579 und 2020: 594 OK-Ermittlungsverfahren). Das geht aus dem Bundeslagebild Organisierte Kriminalität 2022 hervor, das im Oktober vom Bundesinnenministerium und dem Bundeskriminalamt veröffentlicht wurde.
„Wir setzen unsere harte Gangart gegen die Organisierte Kriminalität fort. Unser Ziel ist es, kriminelle Strukturen nachhaltig zu zerschlagen und ihnen kriminelle Einnahmen konsequent zu entziehen. Hierfür schaffen wir die richtigen Rahmenbedingungen und arbeiten international noch stärker vernetzt zusammen. Wir haben bedeutende Ermittlungserfolge, insbesondere im Kampf gegen die Drogenkriminalität. Der hohe Ermittlungsdruck ist absolut notwendig, denn die Bedrohung für unser Land durch Strukturen der Organisierten Kriminalität ist unverändert hoch. Menschenhandel, Drogenhandel, Geldwäsche, Schleusungs- und Clankriminalität haben eines gemeinsam: das skrupellose Streben der Täter nach Gewinn und Macht. Wir stellen dabei fest, dass OK-Gruppierungen zunehmend bereit sind, mit drastischer Gewalt Gegner einzuschüchtern und Macht zu demonstrieren. Dem müssen wir sehr konsequent Einhalt gebieten“, so Bundesinnenministerin Nancy Faeser.
BKA-Präsident Holger Münch ergänzt: „Organisierte Kriminalität stellt eine erhebliche Bedrohung für Gesellschaft, Wirtschaft und Staat dar, ihre Bekämpfung ist und bleibt deshalb ein Schwerpunkt der polizeilichen Arbeit in Bund und Ländern. Gleichzeitig verändert sich die OK fortlaufend und nutzt sich ihr bietende neue Handlungsoptionen und Aktionsräume. Es ist daher wichtig, Trends möglichst früh zu erkennen, um diesen mit gezielten polizeilichen Bekämpfungsansätzen begegnen zu können. Im Bundeskriminalamt haben wir uns daher organisatorisch neu ausgerichtet und unsere Analyse- und Auswertefähigkeiten im Bereich dekryptierter Täterkommunikation gestärkt. Ebenso bauen wir unsere Fähigkeiten und Kapazitäten zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Vermögensabschöpfung weiter aus.“
Der durch die Organisierte Kriminalität verursachte und polizeilich registrierte Schaden belief sich im vergangenen Jahr auf 1,3 Milliarden Euro. Dies ist der zweithöchste Wert der letzten zehn Jahre. Die kriminellen Erträge werden mit 1,1 Milliarden Euro beziffert. Die vorläufige Vermögenssicherung betrug 228 Millionen Euro.
Insgesamt konnte die Polizei im Jahr 2022 7.256 Tatverdächtige ermitteln. Knapp die Hälfte aller erfassten OK-Gruppierungen (46 %) ist im Bereich der Rauschgiftkriminalität aktiv. Damit bleibt der Rauschgifthandel und Rauschgiftschmuggel das Hauptbetätigungsfeld von OK-Gruppierungen, gefolgt von Wirtschaftskriminalität mit 17,4 % und Eigentumskriminalität mit 9,2 %. In mehr als zwei Drittel (72 %) der in Deutschland geführten OK-Ermittlungsverfahren wurde eine transnationale Tatbegehung oder eine Kooperation mit OK-Gruppierungen aus dem Ausland festgestellt.
Im Jahr 2022 wurden in Bund und Ländern 46 OK-Verfahren registriert, die der Clankriminalität zugeordnet werden konnten (2021: 47). Die Erscheinungsformen der Clankriminalität umfassen neben dem Bereich der OK jedoch ein Vielfaches an Straftaten der Allgemeinkriminalität.
Ein Blick auf die Gewalttaten zeigt, dass OK-Gruppierungen zunehmend bereit sind, ihre Macht mit zum Teil drastischen Mitteln zu demonstrieren, um beispielsweise Zeugen einzuschüchtern oder Geld zu erpressen. Im Berichtsjahr konnten 16 vollendete und 22 versuchte Tötungsdelikte durch OK-Gruppierungen festgestellt werden. Darüber hinaus wurden 21 versuchte und 76 vollendete Körperverletzungsdelikte registriert, bei denen es sich in der Regel um gefährliche oder schwere Körperverletzungen handelte.
Das Bundeslagebild Organisierte Kriminalität 2022 können Sie hier kostenlos herunterladen: www.bmi.bund.de/lagebild-ok