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Protekt 2025: Resilienz für kritische Infrastrukturen neu denken

Kritische Infrastrukturen stehen unter Druck: Angriffe nehmen zu, Abhängigkeiten wachsen, neue Regelwerke fordern Umdenken. Die protekt 2025 in Leipzig bringt Akteure aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Sicherheitsbehörden zusammen, um Resilienz ganzheitlich zu diskutieren – von IT-Sicherheit bis physischem Schutz.

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Foto: ©AdobeStock/supawadee

Ob Cloud-Infrastrukturen, Energieversorgung oder Finanzsysteme – kritische Infrastrukturen sind zunehmend miteinander verflochten. Diese Interdependenzen erhöhen die Gefahr kaskadierender Effekte, etwa durch Energiemangel oder gezielte Cyberattacken. Hinzu kommen steigende regulatorische Anforderungen sowie die Notwendigkeit, Resilienz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu begreifen.

Die protekt 2025 rückt diese Gemengelage in den Mittelpunkt. Als einzige Fachkonferenz im deutschsprachigen Raum verbindet sie seit Jahren den physischen Schutz mit der IT-Sicherheit aller KRITIS-Sektoren. In Leipzig werden am 6. und 7. November mehr als 500 Teilnehmer erwartet, die sich über aktuelle Entwicklungen austauschen und praxisnahe Lösungen vorstellen.

Gesetzliche Neuerungen als Treiber

Zwei zentrale Regelwerke bestimmen derzeit die Debatte: die europäische NIS2-Richtlinie und das deutsche KRITIS-Dachgesetz. Während die NIS2-Richtlinie auf eine Stärkung der Cybersicherheit abzielt, adressiert das KRITIS-Dachgesetz vor allem den physischen Schutz. Beide Vorhaben befinden sich in der Umsetzung in nationales Recht – ein Prozess, der viele Betreiber kritischer Infrastrukturen vor neue Herausforderungen stellt.

Auf der protekt 2025 werden führende Vertreter der Bundesregierung und europäischer Institutionen die Gesetzesinitiativen diskutieren. Dr. Gerhard Schabhüser vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik beleuchtet in seiner Keynote die Folgen der NIS2-Richtlinie, während Dr. Jessica Däbritz vom Bundesministerium des Innern und für Heimat auf Kooperationsmodelle beim physischen Schutz eingeht.

Formate für Praxisnähe und Austausch

Das Konferenzprogramm ist umfangreicher denn je: 70 Vorträge, Workshops und Round Tables mit 85 Referenten. Neben den klassischen Fachvorträgen rücken praxisnahe Einblicke in den Vordergrund. So berichten Betreiber von Rechenzentren über Notfallkonzepte, Kommunen stellen Maßnahmen im Bevölkerungsschutz vor, und Experten analysieren die Resilienz von Versorgungssystemen.

Ein Highlight bildet ein Workshop, der verdeutlicht, wie klassische Sicherheitslösungen bei versteckten Attacken auf Basis künstlicher Intelligenz schnell an ihre Grenzen stoßen. Diskutiert werden innovative Ansätze, die über traditionelle Abwehrmechanismen hinausgehen.

Breite Beteiligung von Bund, Ländern und Kommunen

Die protekt lebt vom Austausch unterschiedlicher Ebenen: Neben Bundesbehörden wie dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik oder dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sind auch Betreiber wie die Deutsche Bahn, die 50Hertz Transmission GmbH oder das Universitätsklinikum Freiburg vertreten.

Darüber hinaus bringen Ländervertreter wie Prof. Thomas Popp aus Sachsen die Perspektive der Landesverwaltungen ein, während Kommunen ihre Rolle als unmittelbare Anbieter öffentlicher Dienstleistungen betonen. Mit Bernd Adolph von der Europäischen Kommission ist auch Brüssel in Leipzig präsent – ein Signal, dass der Schutz kritischer Infrastrukturen europäisch gedacht werden muss.

Zivile Verteidigung als neues Themenfeld

Ein Novum der diesjährigen protekt ist der Themenstrang „Zivile Verteidigung“. Angesichts des Kriegs in der Ukraine und wachsender geopolitischer Spannungen rückt die Frage in den Vordergrund, wie militärische Landes- und Bündnisverteidigung mit zivilen Unterstützungsleistungen verzahnt werden kann.
Kapitän zur See Frank Fähnrich vom Territorialen Führungskommando der Bundeswehr stellt den „Operationsplan Deutschland“ vor, der militärische und zivile Komponenten zusammenführt. Ergänzend erläutert das Technische Hilfswerk, wie hybride Bedrohungen die Anforderungen an Katastrophenschutz verändern. Wissenschaftliche Perspektiven liefert Dr. Konstantinos Tsetsos von der Universität der Bundeswehr München, der auf klimatische Verwundbarkeiten und gesellschaftliche Risiken eingeht.

Fazit: Ganzheitliche Resilienz erfordert Kooperation

Die protekt 2025 zeigt, dass Resilienz nicht in Silos gedacht werden darf. Der Schutz kritischer Infrastrukturen verlangt die enge Verzahnung von Cybersicherheit, physischem Schutz, Krisenkommunikation und strategischer Planung. Nur wenn Bund, Länder, Kommunen, Betreiber und Wissenschaft zusammenarbeiten, können Gesellschaft und Wirtschaft auch in Krisenzeiten funktionsfähig bleiben.

Die Konferenz bietet nicht nur Antworten auf aktuelle Bedrohungen, sondern verdeutlicht auch: Resilienz ist ein dynamisches Konzept, das stetig an neue Realitäten angepasst werden muss. Leipzig wird im November zum Ort, an dem diese Zukunftsfragen praxisnah diskutiert und weitergedacht werden.

Großer Vortragssaal auf der Leipziger Messe: In diesem Jahr wird hier Dr. Gerhard Schabhüser vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in seiner Keynote die Folgen der NIS2-Richtlinie beleuchten.
Foto: Leipziger Messe GmbH/Niclas Schmidt

Großer Vortragssaal auf der Leipziger Messe: In diesem Jahr wird hier Dr. Gerhard Schabhüser vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in seiner Keynote die Folgen der NIS2-Richtlinie beleuchten.

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