Deutschen fürchten Cyberangriffe : – auch in Extremform als Cyberkrieg
Sieben von zehn Deutschen sehen in Cyberkriminalität eine erhebliche Gefahr für ihr Lans, sechs von zehn befürchten sogar einen möglichen Cyberkrieg. Als größte Bedrohungen gelten Russland und China – doch überraschend: Ein Drittel der Befragten sieht auch die Vereinigten Staaten von Amerika als potenzielle Gefahr. Diese alarmierenden Einblicke präsentiert der Digitalverband Bitkom in seiner aktuellen Cyber-Bilanz zur Nationalen Sicherheitsstrategie.

Die Sorge vor Cyberangriffen und einem Cyberkrieg ist in Deutschland weit verbreitet. Eine aktuelle Studie des Digitalverbands Bitkom zeigt, dass 70 Prozent der Menschen die Gefahr durch Cyberkriminalität als hoch einschätzen und ebenso viele Deutschland für schlecht vorbereitet halten. 61 Prozent der Befragten haben Angst vor einem Cyberkrieg, während 64 Prozent Deutschland dafür als unzureichend gerüstet sehen. Grundlage der Ergebnisse ist eine Befragung von 1.115 Personen ab 16 Jahren. Die Studie wurde anlässlich der Munich Cyber Security Conference (MCSC) präsentiert.
Wachsende Bedrohungslage und schleppende Umsetzung der Sicherheitsstrategie
Von 30 geplanten Cybersicherheitsvorhaben der Nationalen Sicherheitsstrategie wurden bislang lediglich zwei umgesetzt. Dies verdeutlicht die schleppende Umsetzung dringend notwendiger Sicherheitsmaßnahmen. Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst warnt: „Deutschland wird täglich digital angegriffen. Wir müssen unsere nationale Sicherheit sowohl klassisch als auch digital stärken.“ Besonders in kritischer Infrastruktur und Unternehmen sei Handlungsbedarf.
Herkunft der Bedrohungen: Russland, China, aber auch die USA
Laut der Studie sehen 98 Prozent der Befragten Russland und 84 Prozent China als größte Cyberbedrohungen. Nordkorea folgt mit 44 Prozent. Bemerkenswert: 32 Prozent der Deutschen stufen die Vereinigten Staaten von Amerika als Cybergefahr ein. Diese Wahrnehmung zeigt ein gestiegenes Misstrauen gegenüber traditionellen Partnern. Wintergerst betont daher die Notwendigkeit digitaler Souveränität für Deutschland und Europa.
Die Bevölkerung hält die öffentliche Verwaltung für unzureichend auf Cyberangriffe vorbereitet: Nur 23 Prozent bewerten die Vorbereitungen als gut, während 70 Prozent sie als schlecht einschätzen. Zwei Drittel der Befragten fordern, Cyberangriffe wie militärische Angriffe zu behandeln, da Kriege künftig auch digital geführt werden.
Angst vor Angriffen auf kritische Infrastruktur
Besondere Beunruhigung rufen potenzielle Angriffe auf Untersee-Kabel hervor. 63 Prozent der Deutschen fürchten deren Sabotage. 80 Prozent sprechen sich für mehr Kabel zur Erhöhung der Ausfallsicherheit aus. Zudem fordern 77 Prozent spezielle Einheiten zur Schadensbehebung und 69 Prozent, dass solche Sabotageakte wie militärische Angriffe behandelt werden.
Cyberkrieg: Deutschland gilt als verwundbar
Die Angst vor einem Cyberkrieg ist groß: 61 Prozent der Befragten sorgen sich vor einem digitalen Konflikt. Jüngere sind etwas weniger besorgt als Ältere, und Frauen zeigen mehr Sorge als Männer. Deutschland wird technisch für einen Cyberkrieg als fähig, aber praktisch als abwehrschwach eingestuft. Nur 24 Prozent sehen das Land gut vorbereitet.
Die Befragten fordern konkrete Maßnahmen: 75 Prozent sprechen sich für einen digitalen Katastrophenschutz aus, 73 Prozent für Investitionen in die Sicherheit kritischer Infrastrukturen und 71 Prozent für eigene Fähigkeiten für Cyberangriffe.
Umsetzung der Sicherheitsstrategie bleibt hinter den Erwartungen zurück
Die Bilanz zur Nationalen Sicherheitsstrategie ist ernüchternd: Von 30 angekündigten Cybersicherheitsprojekten wurden nur zwei realisiert. Unter anderem scheiterten der Ausbau des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und eine neue Cybersicherheitsstrategie. Wintergerst appelliert: „Ambitionierte Ziele reichen nicht, wir brauchen Fortschritt in der Umsetzung.“
Die Ergebnisse der Bitkom-Studie verdeutlichen: Die Angst vor Cyberbedrohungen ist hoch, das Vertrauen in staatliche Schutzmaßnahmen gering. Gleichzeitig sind die Fortschritte bei der Umsetzung der Sicherheitsstrategie unzureichend. Eine klare Priorisierung der Cybersicherheit und schnelle Umsetzungsfortschritte sind essenziell, um Deutschland widerstandsfähiger gegen digitale Bedrohungen zu machen.
