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Kriminalstatistik 2024: Weniger Straftaten – mehr Gewalt

Die Zahl der registrierten Straftaten ist 2024 leicht gesunken. Grund dafür ist vor allem die Teillegalisierung von Cannabis. Sorgen bereiten vor allem die steigende Gewaltkriminalität – vermehrt auch in Betrieben und auf Veranstaltungen, mehr Sexualdelikte und ein Anstieg gewalttätiger Kinder und Jugendlicher. Die Innenminister fordern härteres Vorgehen und bessere Schutzmechanismen – insbesondere für Frauen.

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Unscharfer Hintergrund mit blinkenden Polizeilichtern am Tatort
Foto: ©AdobeStock/Marko

Im Jahr 2024 hat die Polizei rund 5,84 Millionen Straftaten registriert – ein Rückgang um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das geht aus der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) hervor, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser, BKA-Präsident Holger Münch und Bremens Innensenator Ulrich Mäurer heute in Berlin vorgestellt haben.

Ein wesentlicher Grund für den Rückgang: die Teillegalisierung von Cannabis zum 1. April 2024. Ohne diese gesetzliche Änderung wäre die Gesamtzahl der Straftaten laut Münch weitgehend stagniert.

Gewaltkriminalität auf Höchststand

Während die Gesamtzahl der Delikte sank, stieg die Gewaltkriminalität erneut – um 1,5 Prozent auf rund 217.000 Fälle. Darunter fielen auch über 15.700 Messerangriffe, das sind 7,2 Prozent aller Gewaltverbrechen.

Innenministerin Faeser zeigte sich alarmiert: „Jeden Tag registriert die Polizei rund 600 Gewaltdelikte. Messer haben im öffentlichen Raum nichts verloren.“ Zudem betonte sie die Notwendigkeit, Täter schneller zur Rechenschaft zu ziehen.

Besonders drastisch sei der Anstieg bei Sexualdelikten wie Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffen. „Wir brauchen mehr Schutz für Frauen – und endlich die elektronische Fußfessel,“ so Faeser. Auch die Zahl der Abschiebungen sei gestiegen – um 55 Prozent im Vergleich zu 2022.

Gewalt erreicht Betriebe und Veranstaltungen

Knapp ein Drittel aller Gewaltverbrechen ereignete sich 2024 auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen. Doch auch der gewerbliche Bereich ist betroffen. Laut PKS fanden 3,1 Prozent der Gewaltverbrechen in Gaststätten, 3,6 Prozent in Dienstleistungs- und Handwerksbetrieben sowie 3,5 Prozent in Bildungseinrichtungen statt. Die Statistik macht deutlich: Gewalt ist kein rein urbanes oder soziales Phänomen. Sie erreicht Orte, an denen gearbeitet, gelernt und konsumiert wird. Unternehmen sehen sich damit zunehmend mit physischen Bedrohungslagen konfrontiert, die früher als seltene Ausnahme galten, heute jedoch zur Regel zu werden drohen.

Ob Fußballspiel, Konzert oder Stadtfest – die PKS verzeichnet einen Anstieg von Gewaltdelikten bei Events (5,9 Prozent aller Fälle mit Gewaltkriminalität). Sicherheitsverantwortliche sollten Veranstaltungen nicht ausschließlich als Aufgabenfeld der Polizei betrachten, sondern als potenziellen Gefahrenraum, der auch in ihre Zuständigkeit fällt. Das betrifft nicht nur große Events, sondern auch betriebliche Veranstaltungen, Messen und Kundenevents. Entscheidend ist, dass das Crowd-Management auf unerwartete Eskalationen vorbereitet ist, Zugangskontrollen greifen, Evakuierungswege bekannt und zugänglich sind und das Personal seine Rolle im Ernstfall kennt. Sicherheit bei Veranstaltungen erfordert umfassende Vorbereitung und abgestimmte Abläufe.

Kinder und Jugendliche im Fokus

BKA-Präsident Holger Münch sprach von einem „erneuten Höchststand“ bei der Gewaltkriminalität und wies auf ein wachsendes Problem unter Kindern und Jugendlichen hin. Zwar sei die Gesamtzahl tatverdächtiger Minderjähriger rückläufig – im Bereich der Gewalt stiegen die Zahlen jedoch weiter: bei Kindern um 11,3 Prozent, bei Jugendlichen um 3,8 Prozent.

Münch sieht hier einen Zusammenhang mit den Nachwirkungen der Corona-Pandemie, insbesondere bei jungen Menschen: „Es besteht noch Forschungsbedarf, um diese Entwicklung besser zu verstehen.“

Innensenator fordert besseren Schutz vor häuslicher Gewalt

Ulrich Mäurer, in diesem Jahr Vorsitzender der Innenministerkonferenz, forderte mehr Zusammenarbeit von Polizei, Gesundheitswesen und Sozialdiensten: „Die tragischen Fälle wie in Magdeburg oder Aschaffenburg dürfen sich nicht wiederholen.“ Zugleich sprach er sich wie Faeser klar für die Einführung der elektronischen Fußfessel aus – nach spanischem Vorbild, um gewalttätige Partner frühzeitig zu stoppen.

Häusliche Gewalt und die zunehmende Brutalität gegen Frauen und Mädchen müssten deutlich entschlossener bekämpft werden: „Damit dürfen und werden wir uns nicht abfinden.“

Tatverdächtigenzahl leicht rückläufig

Die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen ging um 2,8 Prozent auf rund 2,18 Millionen zurück. Betrachtet man nur die sogenannten allgemeinen Straftaten, also ohne Verstöße gegen das Ausländerrecht, lag der Rückgang bei 2,5 Prozent. Die Zahl nichtdeutscher Tatverdächtiger stieg hingegen leicht um 0,3 Prozent.

Bereits ergriffene Maßnahmen:

  • Messerverbote: Einführung von Waffen- und Messerverboten auf öffentlichen Veranstaltungen und im Fernverkehr; Länder können Verbotszonen an Kriminalitätsschwerpunkten einrichten und anlasslos kontrollieren.
  • Schutz von Frauen: Neues Gewalthilfegesetz mit kostenlosem Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung; erste rund um die Uhr erreichbare Anlaufstelle der Bundespolizei am Berliner Ostbahnhof; Studien zur Dunkelfeldaufhellung laufen.
  • Abschiebung von Straftätern: Gesetzliche Änderungen für schnellere Rückführungen, darunter längerer Ausreisegewahrsam, erweiterte Durchsuchungsbefugnisse und Wegfall der Ankündigungspflicht bei Inhaftierten.

Im Vergleich: Kriminalstatistik 2023

Tatörtlichkeiten 2024: Gewaltkriminalität – Fallzahlen und Anteile
Quelle: BMI, Polizeiliche Kriminalstatistik 2024

Tatörtlichkeiten 2024: Gewaltkriminalität – Fallzahlen und Anteile

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